Arbeit auf der „AG Weser“ – Reise in die Türkei

Erfahrungen von türkischen und deutschen Werftarbeitern im Blickpunkt der Geschichtswerkstatt
 

(veröffentlicht im Bremer Anzeiger am 07.11.07, im Stadtteilkurier-West des Weser-Kuriers am 08.11.07, in der Nov-07-Ausgabe des BAF und im Bremer Westen am 20.12.07)

„Gab es Gebetsplätze auf der Werft? Wurde auf die Essgewohnheiten der türkischen Gastarbeiter Rücksicht genommen? Wurden deutsche und türkische Arbeiter unterschiedlich entlohnt?“ Diese und ähnliche Fragen lösten auf der Juniveranstaltung der Geschichtswerkstatt Gröpelingen in der Stadtbibliothek West heftige, aber wie ein Teilnehmer äußerte, notwendige Diskussionen aus. Auf vielfachen Wunsch wird die Veranstaltung deshalb im Rahmen des Projektes „Gröpelingen gegen Rassismus“ wiederholt.

Die türkischen Gastarbeiter auf der ehemaligen Großwerft „AG Weser“ bildeten den größten Anteil an ausländischen Arbeitnehmern. Anfang der Sechziger waren es ganze 15, zehn Jahre später schon über 1100 Beschäftigte. Sie blieben aber eine Minderheit unter den überwiegend deutschen Arbeitern. Damals wollten sie eigentlich wieder in die Türkei zurückkehren, heute sind sie selbst und ihre Enkel integraler Bestandteil von Gröpelingen, ohne dass eine nennenswerte soziale Integration stattgefunden hätte. Deutsch- und Türkischstämmige gehen zwar freundlich, aber immer noch mit Unverständnis miteinander um.
In den frühen Achtzigern wurde den politisch Verantwortlichen sehr bald klar, dass man zwar „Arbeitskräfte“ gerufen hatte, aber „Menschen“ gekommen waren. Menschen, die im Gegensatz zu den vielen anderen italienischen, griechischen, portugiesischen und jugoslawischen Gastarbeitern nicht aus einem christlichen, sondern aus einem islamischen Kulturkreis stammten. Die „Kümmeltürken“ waren den „Kartoffeldeutschen“ und umgekehrt manchmal so fremd wie Wesen von einem anderen Stern.

Um den sich rasch ausbildenden sozialen und kulturellen Gegensätzen entgegenzuwirken, entwickelten die Landeszentralen für politische Bildung in der BRD - wenn auch etwas spät - Programme, die den deutschen Arbeitnehmern die fremde Kultur näher bringen sollten. So richtete man u.a. spezielle Studienreisen in die Türkei für Erzieher, Sozialarbeiter und Ausbilder von deutschen Betrieben aus, um für ein größeres Verständnis zwischen deutschen und türkischen Arbeitnehmern zu sorgen.

Dorf bei Sultanhani Dorf bei Sultanhani

Von einer solchen Reise soll am Dienstag, dem 13.11.07, um 19 Uhr in den Vereinsräumen von VATAN SPOR in der Ortstraße die Rede sein. Der ehemalige Werkmeister der „AG Weser“ und spätere Leiter der Jugendwerkstätten Heinz Rolappe wird über seine Erfahrungen während der Teilnahme an einer solchen Reise berichten.
Aber nicht nur der deutschen Seite, sondern auch der Betrachtungsweise der Türkischstämmigen soll ausreichend Gehör verschafft werden. Grundlage dieses Veranstaltungsteils ist die von Schülern der GSW entwickelte und vom Bundespräsidenten ausgezeichnete Broschüre „Erst geheuert, dann gefeuert“, in der das Schicksal von sechs türkischen Schweißern auf der „AG Weser“ geschildert wird. Zu Wort kommen werden hier der ehemalige Schweißer und heutige Dolmetscher an der GSW Herr Edhem Dirlik und der für das Projekt seinerzeit verantwortliche Lehrer Wolfgang Liesigk.
Für die Moderation und eine interessante audiovisuelle Untermalung der Veranstaltung sorgt die Geschichtswerkstatt Gröpelingen e.V. Der Eintritt ist frei. Auf der Veranstaltung können noch Unterschriften für das Projekt „Gröpelingen gegen Rassismus“ abgegeben werden.